Du bist Lehrkraft an einem Gymnasium. In deiner Klasse kursieren plötzlich Bilder im Chat, die den Nationalsozialismus verharmlosen. „Heil Hitler“ wird zum Gruß, „Jude“ zur Beleidigung. Als ein Foto einer Rauchwolke mit der Unterschrift „Jüdisches Familienfoto“ geteilt wird, protestiert eine Schülerin und wird daraufhin selbst antisemitisch beschimpft. Sie zeigt den Mitschüler wegen Volksverhetzung an.
Wie würdest du dich verhalten?
Oder: Ein Sondereinsatzkommando nimmt an deiner Schule mehrere Schülerinnen fest – vor den Augen ihrer Mitschüler:innen. Erst durch Medienberichte erfahren du und die anderen Lehrkräfte, dass es um eine mutmaßliche rechte Terrorzelle geht. Die Bundesanwaltschaft übernimmt die Ermittlungen, am Ende werden die Schüler:innen wegen Gründung einer terroristischen Vereinigung verurteilt.
Wüsstest du, wie du den Einsatz der Polizei mit deiner Klasse aufarbeiten würdest? Und ob du das überhaupt dürftest?
Diese Szenarien stammen aus dem Buch „Politische Bildung in reaktionären Zeiten“ und sie sind alle so passiert. Schon diese kleine Auswahl zeigt, wie herausfordernd es als Lehrkraft sein kann, wenn Rechtsextremismus und -populismus zum Schulalltag gehören. Unsere gemeinsame Recherche mit dem ZDF Magazin Royale hat gezeigt, wie die AfD und andere Rechtsextreme Lehrkräfte und Schulen einschüchtern und welche Auswirkungen das hat.
Wir haben in den vergangenen Monaten aber nicht nur mit Schüler:innen, Lehrkräften und Schulleitungen gesprochen, sondern auch mit Expert:innen, Präventionsvereinen und NGOs. Wir wollten wissen, wie sich Schulen gegen die Angriffe von Rechtsaußen wehren können. Und wie Prävention aussieht, die funktioniert.
Die wichtigsten Punkte haben wir hier, im vorerst letzten Teil unseres Reports „Brandmauer Schule“ zusammengetragen. Er richtet sich in erster Linie an Lehrkräfte und alle, die an Schulen arbeiten. Aber er ist auch für Eltern interessant, die wissen wollen, was die Schule ihrer Kinder in solchen Fällen unternehmen kann.
Am Ende des Artikels findest du eine Checkliste, mit der du herausfinden kannst, wie gut deine Schule bereits gegen Rechtsextremismus gewappnet ist und wo noch Lücken sind. Hier kannst du direkt dorthin springen.
Das Wichtigste: Eine Haltung zu rechtsextremen Vorfällen entwickeln
Wie wir in diesem Text gezeigt haben, sind die bisherigen Regelungen und Strukturen nicht darauf ausgelegt, das Schulsystem gegen Rechtsextremismus zu verteidigen. Wenn du dich für Demokratie einsetzen möchtest, kannst du deshalb auf Widerstand stoßen. Etwa, wenn du eine Podiumsdiskussion ohne die AfD veranstalten möchtest, sich Parteivertreter:innen daraufhin beschweren und dein Dienstherr dich anweist, die AfD entweder einzuladen oder die Veranstaltung ganz abzusagen. Oder wenn du Schüler:innen über eine Demo gegen rechts informierst, die AfD daraufhin im Parlament eine Kleine Anfrage zu dir stellt und dein Dienstherr dich auffordert, dich politisch mehr zurückzuhalten.
Um dann nicht den Mut zu verlieren, ist es entscheidend, eine klare Haltung zu Rassismus und Rechtsextremismus zu entwickeln. Dabei können diese Fragen helfen: Wie wichtig ist es dir, für Demokratie und gegen Menschenfeindlichkeit einzutreten? Wie wichtig ist es dir, dass sich alle in deiner Schule sicher fühlen können? Wenn beides einen hohen Stellenwert für dich hat, fällt es dir wahrscheinlich leichter, dich gegen verschwörungstheoretisches oder menschenfeindliches Verhalten im Klassenraum oder im Lehrerzimmer zu stellen. Anstrengend bleibt es natürlich trotzdem.
Wenn du einmal darüber nachgedacht hast, was du machen würdest, wenn ein Schüler mit einem T-Shirt mit rechtsextremen Slogans in der Schule auftaucht, bist du wahrscheinlich weniger überrumpelt, wenn es tatsächlich dazu kommt. Oder wenn du dich gefragt hast, ob es mit deinem Berufsbild vereinbar ist, Vertreter:innen einer rechtsextremen Partei in deine Schule einzuladen. Wenn dann dein Schulleiter oder die für dich zuständige Schulaufsicht dich anweist, die AfD einzuladen, weißt du vielleicht sogar schon, dass du remonstrieren kannst.
Remonstrieren heißt, seinen Vorgesetzten zu schreiben, wenn einem eine Weisung rechtswidrig erscheint. Es kann eine Reaktion auf diskriminierende, verfassungsfeindliche oder antidemokratische Weisungen sein. Vorgesetzte müssen darauf antworten. Mehr Infos dazu, wie Remonstrieren funktioniert, findest du in diesem Dokument von Nicole Schweiß. Sie ist selbst Lehrerin und macht außerdem einen Podcast über schulpolitische Themen.
Ein Schritt bei der Entwicklung einer Haltung besteht darin, die eigene Rolle als Lehrkraft zu hinterfragen: Geht es dir ausschließlich darum, dass die Kinder „défendre“ perfekt deklinieren und erklären können, was genau PI ist? Oder möchtest du, dass deine Schüler:innen verstehen, wie eine Demokratie funktioniert und aktiv lernen, sie zu praktizieren? Wir wollen nicht den Sinn von Fachwissen in Frage stellen. In vielen unserer Gespräche mit Expert:innen wurde aber klar, dass Lehrkräfte sich häufig nicht für das verantwortlich fühlen, was abseits ihres Fachgebiets passiert. Dabei ist Demokratiebildung ein Aspekt, der jeden Unterricht und auch die Pausen durchziehen sollte.
Trau dich, in den Konflikt zu gehen
Lehrkräfte sind Vorbilder für ihre Kolleg:innen, aber ganz besonders für die Schüler:innen. Kinder und Jugendliche merken, wenn eine Lehrkraft sich nicht traut, klar Stellung zu beziehen. Wenn sie etwa nichts sagt, wenn ein Kind ein anderes mit dem N-Wort beschimpft oder sie die AfD aus Angst vor komplizierten Diskussionen umschifft. Dann ist sie kein gutes Vorbild, weil sie Kindern vermittelt: Oh, über die AfD darf man nicht sprechen.
Wenn ein Schüler im Unterricht beispielsweise einen Hitlergruß zeigt, kannst du dir als Lehrkraft zunächst überlegen, auf welcher Ebene du in die Auseinandersetzung gehen möchtest. Stefan Breuer ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der John Dewey Forschungsstelle an der TU Dresden. Er sagt: „Egal, wie man als Lehrkraft einen Konflikt angeht, in erster Linie geht es darum, die Betroffenen zu schützen.“ Das Ziel ist also nicht, die Person zu maßregeln, die problematische Sachen sagt, sondern eher, die anderen Personen im Raum nicht alleine zu lassen.
Dann kannst du dir noch überlegen: Möchtest du den Konflikt zunächst auf der pädagogischen Ebene austragen und mit dem Schüler, der den Hitlergruß gezeigt hat, sprechen, seine Beweggründe herausfinden, vielleicht mit der ganzen Klasse den Vorfall besprechen? Das kann hilfreich sein, vor allem, wenn der Schüler mit der Geste nur provozieren will. Oder müsstest du rechtlich vorgehen, weil das Zeigen vom Hitlergruß in Deutschland eine Straftat ist und der Schüler ein geschlossenes rechtsextremes Weltbild hat?
In unserer Recherche haben wir auch mit zwei Expertinnen von Violence Prevention Network gesprochen. Bei ihrer Arbeit in der NGO sprechen sie häufig mit Extremist:innen und helfen bei deren Deradikalisierung. Aus Sicherheitsgründen nennen wir die Expertinnen nicht mit Namen. Eine von ihnen sagt: „In sozialen Berufen spüren viele eine große Unsicherheit, sich mit Politik auseinanderzusetzen. Ganz anders ist das bei den Menschen, die von rechts kommen. Die sind darin geübt, Gegenwind zu bekommen.“ Diese Unsicherheit spielt den rechten Akteur:innen in die Hände. Das heißt: Je mehr Lehrkräfte sich darin üben, in den Konflikt zu gehen, desto besser.
Schulleitungen haben eine doppelte Verantwortung, weil sie ihre Lehrkräfte ermutigen können, Haltung gegen rechts zu beziehen, indem sie das vormachen. Stefan Breuer sagt: „Schulleitungen müssen sich als politische Menschen begreifen.“ Sie sollten also Stellung beziehen, wenn es zu diskriminierenden oder verfassungsfeindlichen Aussagen und Handlungen kommt.
Frag dich: Was für eine Lehrkraft will ich sein?
Es hat sich radikal geändert, welche Aufgaben und Rollen Lehrer:innen erfüllen müssen. Das schreiben die Soziologen Aladin El-Mafaalani, Sebastian Kurtenbach und Kai Strohmeier in ihrem Buch „Kinder – Minderheit ohne Schutz“. Sie betonen, dass Beziehungsarbeit in der Schule immer wichtiger wird. Denn Kinder verbringen mehr Zeit in der Schule und Eltern übernehmen weniger Aufgaben, die wir ihnen traditionell zuschreiben.
Auch im Umgang mit Rechtsextremismus spielt Beziehungsarbeit eine wichtige Rolle. Die Expertinnen von Violence Prevention Network sagen, dass man Kinder vor allem dann erreichen kann, wenn man eine gute Beziehung zu ihnen hat. Eine von ihnen erklärt: „Die beste Grundlage für eine Auseinandersetzung ist zu sagen: Ich mag dich als Person, du bist mir wichtig, aber mit dem, was du sagst, kann ich nichts anfangen.“
Beziehungsarbeit ist aber strukturell noch längst nicht verankert: Sowohl in der Ausbildung als auch an den Schulen geht es beinahe ausschließlich um den Fachunterricht. So sagt Nina Gbur vom Netzwerk für Demokratie und Courage, dass außerunterrichtliche Aufgaben wie zum Beispiel die Vorbereitung auf schwierige Elterngespräche häufig hinten runterfallen. In den Schulen gibt es kaum Supervision, also einen regelmäßigen Termin mit externer Moderation, um gemeinsam mit Kolleg:innen schwierige Situationen innnerhalb und außerhalb des Klassenraums zu besprechen, in der Sozialen Arbeit ist das gängige Praxis. All das würde helfen, damit Lehrer:innen besser mit rechtsextremistischen Vorfällen umgehen können.
Nur wer etwas weiß, kann eine Haltung annehmen – und sie verteidigen
Um in den Konflikt gehen zu können, braucht man Selbstvertrauen. Und das entsteht durch Wissen. Denn nur, wenn du konkret benennen kannst, was du an der AfD so problematisch findest, kann deine Kritik bei Schüler:innen ankommen. Etwa, wenn du erklärst, wie die AfD über Migrant:innen spricht und warum das schwierig ist. Es hilft auch, verfassungsfeindliche Symbole auf Kleidung oder in Emoji-Form erkennen zu können, um Schüler:innen darauf ansprechen zu können.
Während unserer Recherche ist deutlich geworden, dass Lehrkräfte in ihrer Ausbildung nicht genügend auf den Umgang mit rechtsextremen und verfassungsfeindlichen Tendenzen vorbereitet werden. Es gibt aber eine große Auswahl an Fortbildungen, die sich mit dieser Thematik beschäftigen, zum Beispiel vom Netzwerk für Demokratie und Courage (NDC). Das NDC bietet auch Projekttage für Schulen an, also auch für Schüler:innen, zum Beispiel zum Thema Rassismus.
Außerdem gibt es Materialien, die dabei helfen, sich nicht mehr so unsicher zu fühlen, wenn Schüler:innen oder Kolleg:innen etwas sagen, das verfassungsfeindlich ist. Um zu handeln, musst du erstmal überhaupt erkennen können, wenn etwas verfassungsfeindlich ist. Und dann, zweitens, wissen, was du tun kannst. Dabei können die 32 Fallbeispiele aus dem Buch „Politische Bildung in reaktionären Zeiten“ eine gute Orientierungshilfe bieten. Hier kannst du das PDF kostenlos herunterladen.
Entwickle lieber langfristige Strukturen, als die Probleme kurzfristig auszulagern
In Schulen, das erzählen uns Präventionsvereine und NGOs, scheint es den Reflex zu geben, bei rechtsextremen Vorfällen externe Hilfe anzufordern. Wenn ein Schüler beispielsweise in den Pausen rassistische Parolen über den Schulhof brüllt, rufen Lehrkräfte bei Vereinen oder NGOs an und bitten um Unterstützung. Das ist einerseits richtig. Andererseits kann das immer nur dabei helfen, die konkrete, aktuelle Situation zu meistern. Nina Gbur vom NDC sagt: „Es reicht nicht, wenn zwei Leute von uns für ein paar Stunden kommen und mit Lehrkräften und Schüler:innen über Diskriminierung sprechen. Die Schulen brauchen eine langfristige Strategie.“ Wenn eine Schule einen Leitfaden hat, der den Umgang mit menschenfeindlichem Verhalten regelt, braucht es die externe Hilfe vielleicht gar nicht.
Dabei gibt es keine Lösung, die für alle passt. Die Probleme in Schulen in Teilen Ostdeutschlands können ganz anders aussehen als die in Hamburg oder Bayern. Udo Dannemann von der Universität Potsdam sagt: „Eigentlich macht für jede Schule eine Politikfeldanalyse Sinn, bei der man sich fragt: Welche Akteure sind hier aktiv? Welche Parteien oder Jugendgruppen versuchen, die Schüler und Schülerinnen zu beeinflussen?“
Ein nachhaltiger Umgang mit Rechtsextremismus sollte, so Dannemann, von den Lehrkräften und Schüler:innen vor Ort zusammen erarbeitet werden. „Lehrkräfte müssen sich ernstgenommen fühlen und selbst mitentscheiden, wie sie mit rechtsextremen Vorfällen an ihrer Schule umgehen wollen. Dafür braucht es einen Austausch zwischen den Lehrkräften, der niemals endet. Die Grundlage dafür muss eine klare Haltung gegen antidemokratische Tendenzen sein.“ Eine einzelne Fortbildung reicht deshalb nicht. Wenn Schulen auf externe Hilfe zurückgreifen wollen, können sie Vereine kontaktieren, die Formate anbieten, bei denen sie langfristig begleitet werden.
Wer Demokratie macht, glaubt auch an sie
Ein weiterer Schritt, um deine Schule gegen rechtsextreme Einflüsse zu wappnen, lautet, Schüler:innen mitbestimmen zu lassen. Eine groß angelegte Studie aus neun europäischen Ländern zeigt: Jugendliche, die Demokratie in der Schule praktisch erleben, etwa in Klassensprecherräten oder durch echte Mitsprache über den Unterrichtsinhalt, entwickeln messbar mehr Vertrauen in politische Institutionen und sind später politisch aktiver. Wer sich aktiv an einer Demokratie beteiligt, glaubt auch an sie und ist damit vor Rechtsextremismus geschützt. Schule ist einer der ersten Orte, an dem Kinder und Jugendliche mit demokratischen Prinzipien in Verbindung kommen können.
Wenn man diese Erkenntnisse ernst nimmt, heißt das auch, dass man in der Schule nicht nur ein paar wenigen Klassensprecher:innen oder Schülervertreter:innen diese Selbstwirksamkeitserfahrungen ermöglichen sollte, sondern Formate finden müsste, bei denen alle Schüler:innen regelmäßig die Erfahrung machen, dass ihre Stimme zählt.
Die Beteiligung von Schüler:innen kann weit über die Wahl von Klassensprecher:innen hinausgehen und zum Beispiel so aussehen:
- Mitbestimmung bei Schulregeln und der Hausordnung
Du kannst Regeln, die das Zusammenleben betreffen, gemeinsam mit Schüler:innen entwickeln, sie hinterfragen und anpassen, statt sie vorzugeben. In dieser Broschüre findest du Formulierungshilfen.
- Evaluation von Unterricht und Schule durch Schüler:innen
Durch anonymes oder offenes Feedback können Schüler:innen ihre Meinung zum Unterricht und Schulklima äußern und Veränderungen anstoßen. Beim Beltz-Verlag gibt es eine Vorlage für Feedback-Bögen.
- Themenwahl im Unterricht mitbestimmen
Du kannst deine Schüler:innen eigene Themenvorschläge einbringen lassen, etwa bei Referaten, Projektarbeiten oder bei der Auswahl von Büchern. Aber auch im ganz normalem Unterricht.
- Transparente Noten und Bewertungskriterien
Du kannst die Kriterien für die Noten nachvollziehbar machen. Schüler:innen dürfen dann Rückfragen stellen oder Vorschläge machen, welche Faktoren bei der Notengebung eine Rolle spielen sollten. Beim Institut für zeitgemäße Prüfungskultur findest du Ideen, wie das aussehen kann.
- Mitwirkung bei Schulentwicklungsprozessen
Deine Schule könnte Jugendliche aktiv einbeziehen, wenn es um langfristige Veränderungen wie Digitalisierung, das Schulprofil oder ein Leitbild geht. Eine Anleitung für eine partizipative Leitbilderstellung gibt es hier.
- Schüler:innen in die Auswahlgremien aufnehmen
Bei Bewerbungsgesprächen für neue Lehrkräfte oder bei Projektentscheidungen können Schüler:innen als stimmberechtigte Mitglieder mitwirken. Das ist zwar in kaum einer Schule bisher der Fall, aber durchaus möglich.
In dem Buch „Die neue Schule der Demokratie“ von der Publizistin Marina Weisband findest du noch viele weitere Ideen, wie Schüler:innen in der Schule mehr mitbestimmen können.
Suche dir Gleichgesinnte innerhalb und außerhalb deiner Schule
Unsere Recherche mit dem ZDF Magazin Royale hat gezeigt, dass sich die meisten Lehrkräfte, die sich gegen Rechtsextremismus einsetzen, alleingelassen fühlen. Aber wir haben auch gesehen: Sie sind nicht alleine, sie wissen nur häufig nicht voneinander.
Am wichtigsten ist es, Gleichgesinnte im eigenen Kollegium zu finden. Udo Dannemann hat das Projekt „Starke Lehrer*innen – starke Schüler*innen“ viele Jahre lang geleitet, bei dem Berufsschullehrkräfte lernen, wie sie mit antidemokratischen Einstellungen und Verhalten von Schüler:innen umgehen können. Er sagt, es sei elementar für den Erfolg des Projektes, dass mindestens zwei bis drei Lehrkräfte an einem Strang ziehen. Dafür müssen diese aber auch erstmal voneinander wissen. Wenn Dannemann und seine Kolleg:innen mit ihrem Projekt starten, beginnen sie deswegen mit einem sogenannten pädagogischen Tag. Im Laufe des Tages bekommen die Projektleiter:innen, aber auch die Lehrkräfte selbst, ein Gefühl dafür, wer wie im Kollegium zum Thema steht.
Zum Beispiel sammeln sie mit einer Methode namens „Toleranzgrenze“ alle Fälle, die an der Schule passiert sind und als rechtsextrem eingeordnet werden könnten. Dann diskutieren sie, wie sie mit denen umgehen wollen. Dabei zeigt sich, wie einzelne Lehrkräfte und das Gesamtkollegium eingestellt sind. Besonders wichtig ist laut Dannemann aber, dass sogenannte Multiplikator:innen an Bord sind, das sind Personen, die Entscheidungsmacht haben, wie die Schulleitung.
Dannemann sagt, dass es eine „Steuergruppe“ an Schulen brauche, die sich mit dem Umgang der Schule mit Rechtsextremismus beschäftige, Konzepte weiterentwickele und Ansprechpartner für die Kolleg:innen sei. Die sollten idealerweise mit Unterrichtstunden entlastet werden. Das hängt natürlich wiederum von der Schulleitung ab.
Wenn du trotz aller Bemühungen das Gefühl hast, alleine zu sein, dann gibt es immer noch die Möglichkeit, sich außerhalb der eigenen Schule Unterstützung zu suchen. Sei es bei Gewerkschaften wie der GEW oder beim Verein Teachers for Future, in dem sich Lehrer:innen vernetzen, die sich aktiv für die Demokratie einsetzen wollen. Oder du gründest ein eigenes Netzwerk, wie es zum Beispiel Nicole Schweiß vom „Kleine Pause“-Podcast gemacht hat. Sie hat einen Stammtisch ins Leben gerufen, bei dem sich Lehrer:innen in Köln über genau diese Themen austauschen können.
Gehe dieses Checkliste durch
Gemeinsam mit Anja Besand, der Direktorin der Dresdener John Dewey Forschungsstelle für die Didaktik der Demokratie, haben wir aus all diesen Punkten eine Checkliste entworfen, mit der du überprüfen kannst, wie gut deine Schule schon gegen Rechtsextremismus gewappnet ist. Hier kannst du sie dir herunterladen.
Zum Weiterlesen
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Eine Sonderausgabe der Fachzeitschrift Wochenschau zum Thema „Demokratiefeindlichkeit und Schule“ mit vielen Beiträgen von renommierten Wissenschaftler:innen (kostet leider 29 Euro).
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Das Buch „Politische Bildung in reaktionären Zeiten“ mit 32 Fallbeispielen und konkreten Handlungsideen für Situationen, in denen man mit menschenfeindlichem Verhalten konfrontiert ist (hier ist das PDF kostenlos).
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Handlungsempfehlungen vom Bundesverband Mobile Beratung zum Umgang mit der extrem rechten AfD, auch in der Schule.
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Handlungsempfehlungen vom Bundesverband Mobile Beratung zu rechten Nachrichten im Klassenchat.
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Ideen für Methoden der Demokratiebildung, die man in der Schule einbinden kann, von der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg, wie man Demokratiebildung in der Schule einbinden kann.
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Zum Neutralitätsgebot: Ein Beitrag der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft darüber, dass Schule kein neutraler Ort ist. Ein Beitrag vom Institut für Menschenrechte über das Neutralitätsgebot in der Bildung.
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Beiträge zur Frage: AfD-Politiker:innen in die Schule einladen oder nicht? Hier ein Interview der GEW mit Anja Besand, hier ein kurzes Infoblatt der GEW Hamburg dazu, unter welchen Bedingungen AfD-Politiker:innen eingeladen werden müssen und unter welchen nicht und hier verschiedene Punkte, die es laut des Netzwerkes „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ zu beachten gilt.
Hier kannst du dich für unseren Newsletter „The Kids are Alright“ anmelden, dann verpasst du zukünftig keinen Text mehr, den wir zu Schulen und zum Leben von Kindern und Jugendlichen in Deutschland schreiben.
Redaktion: Rebecca Kelbert, Schlussredaktion: Susan Mücke, Fotoredaktion: Philipp Sipos, Audioversion: Christian Melchert