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Hi!
Woran denkst du, wenn du diesen Satz liest?
Kostbare Elixiere, duftende Styling-Schätze und magische Lifestyle-Add-ons im Wert von über 450 € (CHF 500,–) – in royaler Fullsize, feiner Travelsize oder einzigartiger Sondergröße.
Der Satz stammt aus der Beschreibung eines Adventskalenders, über den ich neulich gestolpert bin. Und wenn du das nicht sofort erraten hast, bin ich ehrlich erleichtert. Wenn ich sehe, was man heutzutage alles hinter 24 Türchen stopft, fühle ich mich überfordert. Und es gibt kein Entkommen. „FILL YOUR HEART WITH JOY“, brüllt der riesige Adventskalender-Stapel, wenn ich die Drogerie in der Nähe meiner Wohnung trete.
Ich denke dann an die Adventskalender, die ich als Kind in der Bank in meinem Dorf geschenkt bekommen habe. Bei denen steckte hinter den Türchen nichts als langweilige Bildchen von dicken Engeln und Weihnachtsdeko. Damals wünschte ich mir vehement bessere, aufregendere Adventskalender. Ich träumte von denen, die manche Mitschüler:innen hatten, mit echten Pralinen drin. Sie gehörten jenen Kindern, die auch in den Skiurlaub fuhren und Orangensaft mit Markennamen zuhause hatten.
Nicht, dass meine Familie arm gewesen wäre. Aber sie war sparsam. Wir hatten Adventskalender vom Discounter. Die Schokolade war okay.
Raus aus der Komfortzone
Die ursprüngliche Idee des Advents hatte noch nicht so viel mit magischen Lifestyle Add-ons zu tun. Man geht davon aus, dass im vierten Jahrhundert europäische Christ:innen den Dezember als eine Vorbereitungszeit auf Weihnachten zu sehen begannen. Man plante gewissermaßen Jesus Geburtstag und bereitete sich mit Beten und Fasten darauf vor.
Viel später, im 19. Jahrhundert, kamen die Menschen auf die Idee, die Zeit des Wartens sichtbar zu machen. Die ersten Adventskalender bestanden aus 24 Kreidestrichen an der Wand, die Kinder Tag für Tag wegwischten. Andere Familien klebten nach und nach 24 kleine Bildchen ans Fenster oder an die Wand. In katholischen Gegenden legten Kinder für jede gute Tat ein Stück Stroh in eine Krippe, damit das Jesuskind später weich liegen konnte.
Der Adventskalender mit Türchen geht auf den Münchner Verleger Gerhard Lang zurück, der 1902 die ersten Exemplare druckte.
123 Jahre später sind Adventskalender komplett eskaliert. Neben duftigen Styling-Schätzen für 450 Euro kann man auch einen Kalender mit 24 Vibratoren und „Paar-Gadgets“ bestellen, laut Beschreibung „sofort einsatzbereit“. Welche mit Schokolade gibt es natürlich auch, sogar in zuckerarm.
Ich will den Menschen, die daran Freude haben, gar nicht den Spaß verderben. Ich will auch gar nicht die Adventskalender mit den ollen Bildchen zurück. Ich bin einfach nur ein bisschen müde.
Richtig gut finde ich deshalb die Haltung der Person, die mir die folgende Nachricht auf der Plattform threads schrieb:
Ich freue mich über die Weiterentwicklung zu Tee-Adventskalendern. Kosten keine Millionen und man kommt mal aus der Tee-Komfortzone raus.
Ich gebe zu, ich habe mich in meiner Tee-Komfortzone ziemlich eingenistet. Aber ich bin bereit, sie zu verlassen, meinetwegen 24 Mal in diesem Dezember. Jetzt muss ich nur noch den passenden Adventskalender kaufen.
Text der Woche
Wenn Männer deutliche jüngere Partnerinnen haben, gilt das als normal. Bei Frauen ist es eher ungewöhnlich. Oder? Vielleicht stimmt das nicht mehr. Meine Kollegin Astrid und ich haben mit vier Frauen gesprochen, die nicht in dieses Klischee passen.
Frage der Woche
Was finden andere großartig, das dich eher anstrengt?
Schreibe mir deine Antwort gern per E-Mail an weird@krautreporter.de.
Antwort der Woche
Vor ein paar Wochen habe ich gefragt: Welche Superkraft wäre in deinem Alltag richtig praktisch?
Thomas hat geantwortet:
Allein ins Café, allein zur Lesung, allein ins Theater, allein ins Kino. Mache ich auch gerne in Gesellschaft, aber die ist inzwischen Bonus und nicht mehr Voraussetzung dafür, dass ich die Dinge mache und erlebe, auf die ich Lust habe.
Falks Blick auf die Welt
Bis nächste Woche!
Theresa