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Hi!
Die Zukunft ist weird. In Japan gibt es jetzt eine „intelligente“ Toilette, die menschlichen Kot analysiert. Als ich davon erfuhr, erlebte ich eine Achterbahn der Gefühle. Staunen. Entsetzen. Vor allem aber macht mich dieses Klo nervös.
Japanische Toiletten sind schon lange legendär, berühmt für ihren Komfort – Reinigungs- und Massagefunktion, beheizte Klobrille. Angeblich kann man sich sogar mit warmer Luft den Allerwertesten trocknen lassen. Da kann selbst das schönste deutsche Klo nicht mithalten.
Gut, im Schwarzwald gibt es die „Erlebnistoilette Titisee“. Für „Hochschwarzwälder“-Flair beim Verrichten der Notdurft sorgen hier laut der Werbung „Waldmotive hinter Plexiglas und geräuschdämpfende Moospaneele“ sowie „Naturgeräusche wie Vogelzwitschern und Waldrauschen“.
Die Erlebnistoilette hat bei den Google-Bewertungen vier von fünf Sternen. Eine Person schreibt, die Toilette sei eigentlich total okay. „Aber dadurch, dass sie als Erlebnis-Toilette betitelt wurde, bin ich enttäuscht.“
Auch ich habe schon eine Toilette bewertet
Ich habe einmal in meinem Leben eine Bewertung im Internet für eine Toilette abgegeben. Das war in Berlin, es ging um ein öffentliches Klo neben einem Park, in das ich mich nur furchtsam hineinbegeben habe. Aber wenn man beim Spaziergang den Fehler macht, einen Liter Eistee zu trinken, ist man ein bisschen selbst schuld.
Zu meiner großen Freude war diese Toilette geradezu gespenstisch sauber. Sie roch nach: nichts. Begeistert scannte ich den QR-Code neben der Tür und folgte der Aufforderung, das Klo zu bewerten. Fünf Sterne gab ich ihr. Da ahnte ich noch nichts davon, was in Titisee geht. Geschweige denn in Japan.
Zurück zur weirden Zukunft. Noch gibt es die Luxustoilette mit Kot-Analyse nur in Japan. Aber was, wenn sie nach Deutschland kommt? Der Blog Spoon & Tamago erklärt die Funktion des „Stuhl-Scanners“:
„Wenn Sie sich hinsetzen, öffnet sich der Deckel und der Scanner wird aktiviert. Er strahlt ein Licht aus, um den Stuhlgang zu analysieren, sobald er fällt. Er misst Dinge wie Form, Härte, Farbe und Menge und sendet diese Daten dann an eine verbundene Smartphone-App.“
Der Gedanke stresst mich jetzt schon. Meine Smartwatch habe ich zurückgegeben, weil ich das Gefühl hatte, dass die Uhr mich mit ihrem Trackingterror verrückt machte. Ich will nicht dauernd mit Daten über alle meine Körperfunktionen informiert werden. Stilles Örtchen? Demnächst dann wohl Mental-Load-Örtchen.
Wobei: Laut Spoon & Tamago soll das smarte Klo deutlich über 3.000 Dollar kosten. Bis die Berliner Parktoiletten damit ausgestattet werden, dauert es vielleicht noch ein Weilchen.
Herrlich, nicht wahr?
Bis es soweit ist, können wir uns gedanklich damit beschäftigen, was einen Menschen überhaupt dazu bringt, eine Toilette zu erfinden, die Kot analysiert. Ich würde das gerne mit dem Psychoanalytiker Sigmund Freud besprechen. Da ich das leider nicht kann, habe ich stattdessen einen Sigmund-Freud-Bot gefragt, den eine Freundin von mir mit KI gebaut hat.
Der Freud-Bot kommentierte das intelligente Klo so: „Was wir hier sehen, ist der Versuch, über das Körperliche die Oberhand zu gewinnen; das Chaos des natürlichen Prozesses wird durch ein mechanisches Auge gezähmt. Der Kot, einst verdrängt und beschämt, wird nun wissenschaftlich beäugt – eine triumphale Wiederkehr des Verdrängten! Herrlich, nicht wahr? Und nun, meine Freundin, träumen Sie manchmal vom Klosett?“
Ich weiß nicht, was weirder ist, die Zukunft oder die Gegenwart.
Text der Woche
Frage der Woche
Welche Erfindung würde dein Leben besser machen?
Schreibe mir deine Antwort gern per E-Mail an weird@krautreporter.de.
Antwort der Woche
Martin hat neulich gefragt: „Warst du einmal Christ und heute bist du es nicht mehr? Mich interessiert: Was hat dich dazu bewogen, dem Glauben den Rücken zu kehren?”
Heike hat geantwortet:
Meine Mutter (Jahrgang 1925) hat den zweiten Weltkrieg erlebt. Wie in ihrer Generation üblich, war sie getauft und ist konfirmiert worden. Sie sagte, als der Krieg endlich vorbei war und sie das ganze Elend, die ganze Zerstörung gesehen und begriffen hatte, was da alles passiert war, hat sie aufgehört an Gott zu glauben.
Sie sagte, es kann keinen Gott geben, der so etwas zulässt, und wenn es so einen Gott gibt, will sie nicht an ihn glauben. Dann ist sie übrigens in die SPD eingetreten, noch vor der SED-Zwangsgründung. Was sie da gesagt hatte, hat mich jedenfalls nachhaltig beeindruckt. Es ist bestimmt 30 Jahre her, aber ich habe es nie vergessen.
Falks Blick auf die Welt
Bis nächste Woche!
Theresa