Nutze diese Share URL, um den Artikel mit Tracking zu teilen
Als Mitglied hast du Zugriff auf diesen Artikel.
Ein Krautreporter-Mitglied schenkt dir diesen Artikel.
ist Krautreporter-Mitglied und schenkt dir diesen Artikel.
Hi!
Eine Freundin ging mal in Rom in einen Supermarkt und wollte an der Fleischtheke Wurst kaufen. Sie bestellte in ihrem besten Italienisch.
Der Bedienstete an der Theke bekam daraufhin einen Lachkrampf. „Wofür brauchst du das, deine Hochzeit?“, fragte er. Statt „un etto di Mortadella“ (100 Gramm Mortadella) hatte sie „un letto“ bestellt – ein Bett aus Mortadella.
Lustig, oder? Finde ich auch. Aber Geschichten wie diese sind ein Grund dafür, dass ich wie eine erschrockene Eidechse erstarre, wenn ich eine mir fremde Sprache sprechen soll. Die Vorstellung, peinliche Fehler zu begehen, macht mir auf eine völlig irrationale Weise Angst. Vielleicht liegt es daran, dass ich in Deutschland in einer Fehlerkultur sozialisiert wurde, in der sprachliche Korrektheit fast heiliger ist als Kommunikationsfreude. Im Unterricht wird viel Wert auf Grammatik, richtige Artikel und Konjugation gelegt. Studien zeigen jedoch, dass ständiges Korrigieren beim Sprechen nicht etwa hilft, sondern oft das Gegenteil bewirkt, nämlich mehr Sprachangst und weniger Sprechlust.
Nur bei Englisch habe ich kein Problem. Nicht mehr.
Wichtiger als perfekte Sätze
Das verdanke ich einem glücklichen Zufall, weil ich mit fünfzehn Jahren an einem Schüleraustausch in Polen teilnahm. Ich konnte kein Polnisch, meine Austauschpartnerin Aurelia kein Deutsch – also verständigten wir uns auf Englisch. Bis dahin hatte ich immer einen gewaltigen Kloß im Hals gehabt, wenn ich Englisch sprechen sollte, nun aber ging es auf einmal. Es war kein Lehrer dabei, der mir meine Verben aus dem Satz hätte sezieren können. Es war nur Aurelia und unsere beginnende Freundschaft, die wichtiger war als perfekte Sätze.
Bei Englisch bin ich heute also entspannt, bei anderen Sprachen werde ich, wie gesagt, zur Eidechse. Immerhin gibt es für Fremdsprachenangst ein tolles Wort: Xenoglossophobie. Auf der Liste meiner Phobien, die ich lieber heute als morgen los wäre, löst dieses Wort meinen bisherigen Favoriten ab: die Trypophobie (das Gefühl von Abscheu, das manche Menschen beim Anblick von Mustern aus Löchern oder Blasen empfinden).
Im Zweifelsfall mitlachen
Die Forschung zeigt übrigens auch, dass ein guter Ansatz beim Sprachenlernen auf Verständigung statt Korrektheit setzt. Die Idee: Sprache ist in erster Linie ein Werkzeug, um sich mitzuteilen. Grammatik ist nicht egal, aber wichtiger ist der Mut, sich überhaupt zu äußern.
Daran möchte ich denken, wenn ich einmal in die Situation geraten sollte, in der sich eine Bekannte in Tel Aviv wiederfand. Sie ging zur Post. Statt nach einer Briefmarke (hebräisch: בול, gesprochen: bul) verlangte sie aber einen Pimmel (בולבול, gesprochen: bulbul).
Sie tat das Beste, was man in dieser Lage tun kann: Sie lachte mit.
Frage der Woche
Was sind die lustigsten Fehler, die du in einer fremden Sprache gemacht hast?
Schreibe mir deine Antwort gern per E-Mail an weird@krautreporter.de.
Text der Woche
Ich dachte immer, ich wäre keine Perfektionistin. Da lag ich komplett falsch, wie ich im Interview mit der Psychologin Ellen Hendriksen erfahren habe.
Übrigens: Im Juli und August kannst du als Leser:in dieses Newsletters alle Artikel ohne Bezahlschranke lesen!
Falks Blick auf die Welt

Hätte ungern ein Bett aus Mortadella, würde bei einem aus Mozzarella aber eventuell nicht nein sagen:
Theresa Bäuerlein