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Hi!
Wie weird ist es eigentlich, krank zu sein? Ich meine, wenn man nichts Schlimmes hat, sondern so etwas wie eine dicke Erkältung. Zu sehr durch den Wind, um mehr als drei Seiten in einem Buch zu lesen, aber fit genug, um sich zu langweilen. Du starrst mit dickem Kopf vor dich hin und zählst die Knubbel der Raufasertapete an der Wand.
So sehr mich dieser Zustand nervt, wenn ich tatsächlich krank bin, so sehr sehne ich mich manchmal danach, wenn ich gesund bin. Schlimm, ich weiß. Aber Kranksein ist das einzige, was meinen Drang, etwas leisten zu müssen, einigermaßen abstellt.
Einfach nur Freizeit ohne Kranksein bringt diese Erlösung nicht zustande. Am Wochenende etwa habe ich das Gefühl, dass ich diese Zeit sinnvoll nutzen muss. Aber wenn ich mit Fieber im Bett liege, kann ich mich entspannen.
Meistens geht dem ein Kampf voraus, bei dem ich so tue, als wäre ich gar nicht krank. Aber irgendwann sagt mein Körper mir streng: „Jetzt ist Schluss. Ab ins Bett!“
Wie früher unter der Decke
Manchmal, wenn ich Glück habe, passiert dann etwas Wunderbares. Krank fühle ich mich wieder ein bisschen wie ein Kind. Irgendwie aufgehoben unter der Bettdecke, statt auf einen Bildschirm zu starren, lese ich ein Buch aus Papier, döse dabei immer wieder weg. Meine Bedürfnisse sind auf einmal viel einfacher. Jemand bringt mir einen Tee, und es fühlt sich an wie ein Geschenk.
Offenbar kennen das auch andere. Jemand schrieb mir auf Social Media:
„Manchmal freue ich mich richtig, wenn einer von uns krank wird: Dann kann man ganz ohne schlechtes Gewissen alle To Dos streichen und in den ‚erst mal gesund werden‘ – Modus stellen. Schon traurig, eigentlich.“
Interessant finde ich auch, was ein User auf Reddit schreibt (Übersetzung aus dem Englischen von mir):
„Krank sein weckt bei mir eine seltsame Nostalgie: Plötzlich macht es Freude, Filme zu schauen oder Spiele zu spielen – Dinge, die sonst belanglos wirken. Alles fühlt sich dann zehnmal intensiver an als im Alltag.“
Und ein anderer kommentiert darauf:
„Ich habe ziemlich viele gesundheitliche Probleme, deswegen bewege ich mich im Alltag oft am Limit. Ich fühle mich schuldig und gestresst, weil ich nicht so viel leisten kann. Sobald ich jedoch eindeutig krank bin, fällt dieser Druck ab. Dann kann ich mich entspannen und Dinge genießen, die ich mir sonst kaum erlaube.“
Dass selbst chronisch Kranke nur dann zur Ruhe kommen, wenn sie „eindeutig krank“ sind, sagt viel über unseren Umgang mit Leistung aus.
Es muss doch möglich sein, diese Art Entspannung hinzukriegen, wenn man nicht gerade mit 38,5 Grad Körpertemperatur darniederliegt? Denn mal ehrlich, Kranksein ist doch eigentlich Mist.
Text der Woche
Frage der Woche
Welche Superkraft wäre in deinem Alltag richtig praktisch? Schreibe mir deine Antwort gern per E-Mail an weird@krautreporter.de.
Eure Antworten
Martin hat kürzlich gefragt, was euch durch eine schmerzhafte Trennung geholfen hat. Via antwortete:
Geholfen hat ein intensives Netzwerk von Freunden, die sich liebevoll um mich gekümmert und mir viel Verständnis entgegengebracht haben. Der Wahnsinn. Aber das Beste war, dass ich sein durfte, wann und wie immer es mir ging. Beispiel: Großes gemeinsames Kochen und Essen, ich saß mit am Tisch, putzte Champignons und heulte leise vor mich hin. Alle am Tisch waren okay damit, kurz gefragt: ‚Brauchst du was?‘ – ‚Nee, nee, lass mich einfach nur hier sitzen.‘ – ‚Okay.‘ Alle quatschten weiter, ich heulte, bis ich fertig war, und dann haben wir gegessen. Es war okay, wie ich war und was ich fühlte.
Falks Blick auf die Welt

Dinge, über die ich nachdachte, als ich das letzte Mal krank war: Was macht eigentlich ein gutes Leben aus? Und woraus genau besteht Raufasertapete?
Bis nächste Woche!
Theresa Bäuerlein