Vielleicht hast du auch schon mal diesen Satz gelesen: „Wer nicht weiß, was kommt, was normal ist und worum man sich unbedingt kümmern sollte, fühlt sich ausgeliefert.“ Auch ich habe ihn schon geschrieben. Also genau diesen Satz. Er steht in einem Text, in dem es um die Wechseljahre geht – und in einem Buch, das mir sehr dabei geholfen hat, mich besser auf diese Umbruchphase vorbereitet zu fühlen.
Sätze wie dieser kursieren in Ratgebern zur Menopause und auf Social-Media-Kanälen, werden Freundinnen gesagt und fremden Menschen beim Smalltalk. Und es stimmt ja auch: Wer weiß, was Sache ist und wer weiß, was kommt, fühlt sich sicherer. Schließlich ist kaum etwas so belastend für die Psyche wie Unsicherheit. Rund um die Wechseljahre gibt es jedoch jede Menge Unsicherheit.
Völlig verständlich also, wenn du, vielleicht irgendwann nach deinem 40. Geburtstag, wissen willst, wie weit du mit den Wechseljahren schon gekommen bist. Zum Beispiel, wenn du Veränderungen an dir bemerkst, die du schwer einordnen kannst: Spannungen in der Brust? Schlechterer Schlaf? Komische Verdauungsbeschwerden? Schwierigkeiten, dir Neues zu merken? Oft beginnen die Wechseljahre mit subtilen Symptomen.
Wenn dir in dieser Situation jemand verspricht, feststellen zu können, wie dein Hormonstatus ist, wie also die Konzentration der Sexualhormone gerade ist, wäre das interessant für dich? Eine kleine Umfrage in meinem Freundinnenkreis zeigt: Ja, ist interessant. Die meisten meiner Freundinnen haben schon mal einen Hormontest gemacht.
Das deckt sich mit dem, was niedergelassene Gynäkolog:innen berichten. Immer mehr Frauen fragen nach solchen Tests. Dahinter steckt der Wunsch, sich auf die Menopause vorzubereiten. Frauen wollen zum Beispiel nicht verpassen, ihre Ernährung rechtzeitig auf die veränderte Hormonlage anzupassen. Viele haben Angst davor, in den Wechseljahren zuzunehmen. Und vor den Stimmungsschwankungen. Viele Frauen befürchten, dass sie Fehler machen, die sich später nur schwer korrigieren lassen.
Die gestiegene Nachfrage nach Tests zeigt auch: Glücklicherweise werden die Menopause und die damit assoziierten Beschwerden nicht mehr totgeschwiegen. Das ist eine gute Entwicklung. Doch sie hat auch eine Schattenseite: Lifestyle-Tipps rund um diese Lebensphase sind inzwischen zu einem Geschäftsmodell geworden. Mit der Menopause lässt sich viel Geld verdienen. Zum Beispiel mit teuren Hormontests. Mit ihnen sollst du bestimmen können, was Östrogen, Progesteron, Testosteron, Anti-Müller-Hormon, follikelstimulierendes Hormon (FSH), luteinisierendes Hormon (LH) und noch einige andere Moleküle mehr gerade in deinem Körper machen. So jedenfalls das Versprechen.
Doch was genau sagen solche Tests eigentlich aus? Und wie hilft dir das Wissen um den Hormonstatus dabei, dich besser um deine Gesundheit zu kümmern?
Was sollen Hormontests herausfinden?
Fangen wir damit an, wie sich die Hormonlage in den Wechseljahren verändert. Bereits bevor die Wechseljahre beginnen, lassen sich hormonelle Veränderungen feststellen. Während der Wechseljahre produzieren die Eierstöcke weniger Östrogen und Progesteron, woraufhin die Hirnanhangdrüse (Hypophyse) mehr follikelstimulierendes Hormon (FSH) ausschüttet.
Bereits bei Frauen in der späten Phase ihrer fruchtbaren Jahre können die FSH-Werte erhöht sein. Allerdings schwankt die FSH-Konzentration dann noch sehr. Zu Beginn der Perimenopause steigt der FSH-Spiegel gleichmäßig an, bis er nach circa zwei Jahren konstant bleibt. Parallel verändert sich der Östrogenspiegel: Er nimmt in einem ähnlichen Muster ab.
Apropos Perimenopause: Die Wechseljahre lassen sich in verschiedene Phasen einteilen. Der Zeitpunkt der letzten Blutung nennt sich Menopause. Die Phase davor wird in Prä- und Perimenopause eingeteilt. Die Zeit danach heißt Postmenopause. Die Länge der Phasen variiert von Frau zu Frau.
Früher ging man davon aus, dass die Östrogenwerte im Verlauf der Wechseljahre stetig abnehmen. Inzwischen weiß man, dass sie gerade zu Beginn der Prämenopause auch deutlich ansteigen können. Denn sobald die Eierstöcke beginnen, weniger Östrogen zu produzieren, reagiert das Gehirn mit einem vermehrten Ausstoß an FSH, um den Eierstöcken zu sagen: „Wir brauchen mehr Östrogen!“ Daraufhin reifen mehr Eier in den Follikeln des Eierstocks heran, und es wird so insgesamt mehr Östrogen ausgestoßen. Dadurch kann es zu starken Östrogenschwankungen kommen.
Die Folge davon ist, dass sich das Verhältnis zwischen den einzelnen Sexualhormonen im Körper verändert, denn auch die Produktion von Progesteron geht in der zweiten Zyklushälfte zurück. Wie genau, ist jedoch sehr individuell. So weiß man zum Beispiel aus einer US-amerikanischen Studie, dass afro-amerikanische Frauen eher eine flach fallende Östrogen-Kurve haben, dass asiatische Frauen eher langsam abnehmende Östrogenkonzentrationen zeigen und europäischstämmige Frauen eher stark schwankende und schnell fallende Östrogenspiegel haben.
Während der Wechseljahre kann der Hormonspiegel sich also ziemlich schnell verändern, sowohl von Tag zu Tag als auch von Zyklus zu Zyklus. Das Schwanken ist zu Beginn der Wechseljahre, also in der Prämenopause, häufig besonders stark. Aber auch später, wenn Menstruationen ausfallen, sich der Rhythmus verlängert oder verkürzt, bewegen sich die Werte zum Teil sehr deutlich. Genauso kann ein Eisprung wieder Hormonwerte provozieren, die der einer 35-jährigen Frau ähneln.
Mit Hormontests lässt sich viel Geld verdienen
Labore und Influencer:innen, die Hormontests bewerben, versprechen, dass du mit den Messwerten mehr Orientierung darüber bekommst, in welcher Phase der Wechseljahre du dich gerade befindest. Doch das verraten dir meistens die typischen Zeichen. Spätestens wenn sich dein Zyklus verändert, ist alles klar. Manchmal versprechen die Testanbieter auch, dass du damit besser abschätzen kannst, wann deine letzte Blutung zu erwarten ist. Dabei ist das gar nicht möglich!
Trotzdem verlangen sie für die Tests ganz schön viel Geld. Ich habe Tests zur Bestimmung von Estradiol und Progesteron gefunden, die um die 70 Euro kosten, aber auch welche, die mehr als doppelt so teuer waren. Viele Tests sind Kombitests, die auch andere Hormone, wie zum Beispiel Schilddrüsenhormone und Prohormone wie DHEA, sowie Eisen- und Vitaminwerte messen können.
Ist der Hormontest nötig, um eine Hormontherapie zu bekommen?
Gynäkolog:innen bieten auch Hormontests an, zum Teil sogar von sich aus, zum Beispiel wenn du deine Symptome schilderst und ihr über die Möglichkeit einer Hormontherapie sprecht. Zur Hormontherapie gibt es sehr viel zu sagen, an dieser Stelle nur so viel: Hormone werden heute in der Regel nicht mehr zur Vorbeugung von bestimmten Erkrankungen (wie zum Beispiel Herz-Kreislauf-Erkrankungen) oder Menopause-Beschwerden eingesetzt, sondern wie ein Medikament benutzt, das heißt zur Behandlung von Symptomen. Und dabei gilt die Faustregel: So kurz und so niedrig dosiert wie möglich.
Wichtig für die Tests ist: Wenn deine Frauenärztin oder dein Frauenarzt den Verdacht hat, es könnte eine hormonelle Störung bei dir vorliegen, kann sie oder er die Überprüfung des Hormonstatus veranlassen. Bei einem solchen begründeten Verdacht tragen Krankenkassen die Kosten des Tests. Die Kostenübernahme solltest du zur Sicherheit auch noch vorher mit deiner Kasse besprechen.
Nun ist die Frage: Sind Wechseljahrssymptome auf eine hormonelle Störung zurückzuführen? Das kann tatsächlich der Fall sein, wenn sie schon weit vor dem 40. Geburtstag auftreten. Dann kann es sinnvoll sein, zu überprüfen, ob die Beschwerden daher kommen.
Ansonsten sind die Wechseljahre eine normale Lebensphase. Jede Frau macht sie durch. Wenn du also im fraglichen Alter bist, deinen 40. Geburtstag schon eine Weile hinter dir hast und du erste Wechseljahrssymptome an dir bemerkst, ist das ein ziemlich sicheres Zeichen dafür, dass du nun in den Wechseljahren bist. Ein Hormontest ist nun ungefähr genauso sinnvoll wie er mit 13 Jahren war, um festzustellen, ob du schon in der Pubertät bist.
Die „Diagnose“ Wechseljahre wird aufgrund deines Alters und deiner Geschichte mit unregelmäßigen oder veränderten Menstruationen gestellt, ähnlich wie die „Diagnose“ Pubertät. Wenn du weitere Wechseljahrsbeschwerden hast, vervollständigen sie noch das Bild.
Brauchst du den Test für die Behandlung von Symptomen?
Wer einen einzelnen Hormontest zur Bestimmung von Östrogen und Progesteron macht, wird dabei zwar vermutlich etwas über den eigenen Hormonstatus erfahren. Aber eben nur über den Hormonstatus zum Zeitpunkt der Messung. Schon am nächsten Tag können die Werte ganz anders sein.
Deshalb stellt sich die Frage: Was mache ich mit dem Ergebnis? Was sagt es aus?
Von Selbsttests raten medizinische Fachgesellschaften mit der Begründung ab, dass die Ergebnisse oft zu ungenau sind und dass du mit den Ergebnissen auch nicht allein bleiben solltest. Aber was ist mit den Hormontests, die Ärzt:innen anbieten?
Abgesehen von den oben beschriebenen Fragen, sollen die Tests auch dabei helfen, eine Hormonbehandlung individuell auf dich abzustimmen. Das hört sich erst mal plausibel an. Besonders, wenn Rezepturen mit sogenannten bioidentischen Hormonen extra für dich in der Apotheke angefertigt werden sollen. Diese Rezepturen werden immer beliebter, doch sie sind nicht nur recht teuer, ob sie wirklich schonender sind, ist gar nicht erwiesen. Denn naturgemäß können individuell hergestellte Medikamente nicht genauso kontrolliert werden wie Fertigprodukte, die behördlich zugelassen werden und für die die Hersteller aufwändige Studien vorlegen müssen.
Eine US-amerikanische Studie kam 2019 zu dem Ergebnis, dass die Estradiol- und Progesteron-Dosierungen in solchen Rezepturen stark schwanken. Daraufhin entschied sich die US-amerikanische Arzneimittel-Zulassungsbehörde FDA (Food and Drug Administration), vor solchen Rezepturen zu warnen.
Wenn du darüber nachdenkst, Hormone zu nehmen, kannst du mit deiner Ärzt:in eine Strategie besprechen, wie ihr am besten herausfindet, welche Dosierung die passende ist. Oft tastet man sich dadurch heran, dass man mit niedrigen Dosierungen beginnt und eine Weile schaut, ob sich die Symptome bessern. Wenn nicht, kann man die Dosis immer noch erhöhen.
Die Behandlung allein an Hormonwerten auszurichten, ist weder möglich noch sinnvoll. Denn zusätzlich zu der Aussage, wie die Werte gerade sind, müsste man dazu noch wissen, wie hoch die Werte sein sollten, um die passende Dosierung zu finden. Da die Abnahme der Hormonkonzentrationen und auch die Hormonschwankungen Teil eines natürlichen Prozesses sind, lässt sich so ein Zielwert eigentlich nicht seriös festlegen. Selbst dann, wenn man in Serie testet, also über mehrere Menstruationszyklen immer zur selben Zeit, erhielte man zwar einen Trend und wüsste eher, wie sich die Werte über die Zeit entwickeln. Aber welchen Vorteil bietet das im Vergleich dazu, die Behandlung an den Beschwerden auszurichten?
Fachleute sagen: in der Regel keinen.
Redaktion: Theresa Bäuerlein, Schlussredaktion: Susan Mücke, Bildredaktion: Gabriel Schäfer, Audioversion: Iris Hochberger