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Hi!
Es gibt Dinge, die schiebe ich ewig vor mir her. Keine Ahnung weshalb. Vielleicht, weil ich nicht weiß, wie es geht? Weil ich denke, dass es aufwendig ist? Am Wollen liegt es jedenfalls nicht, am Können auch nicht.
Erst vor einer Woche, habe ich ein To do abgehackt, das seit mindestens einem Jahr auf meiner Erledigungsliste steht. Und nein, ich rede nicht vom Fensterputzen. Ich bin aus der Kirche ausgetreten.
Seit Jahren, ach seit einem Jahrzehnt, hatte ich mich von der Kirche entfernt. Ich bin zwar getauft und gefirmt, aber sonst verbindet die Kirche und mich keine tiefgehende Beziehung. Ich gehöre nicht mal zu den Menschen, die ihren jährlichen Besuch zu Weihnachten absolvieren. Das habe ich irgendwann aufgehört.
Sicher, ich schaue mir die Kirchen gerne an. Als ich vergangenes Jahr in Rom war, staunte ich im Petersdom über die Kuppel, spazierte durch den Vatikan und war beeindruckt von dem Prunk. Für mich ist das kein Widerspruch: Ich kann Kirchen, diese überdimensionalen Gotteshäuser schön finden, sie abseits von Messen gerne besuchen und trotzdem vieles ablehnen, wofür die Kirche steht.
Geht es um die Kirchenaustritte, jagt ein Rekord den nächsten. 2021 waren 359.338 Menschen aus der katholischen und rund 280.000 Menschen aus der evangelischen Kirche ausgetreten. Was schon im Jahr danach getoppt wurde und der neue Rekord ist: 2022 verließen 522 821 Katholikinnen und Katholiken die Kirche.
War nicht schon die Entfremdung von der Kirche für viele Grund genug, befeuerte der Umgang der Kirche mit der Aufklärung von Missbrauch die Austritte. Allein in München verdoppelte sich die Zahl der Austritte nach der Vorstellung des Missbrauchsgutachtens für die Erzdiözese München und Freising Anfang 2022. Und auch in Köln wandten sich nach einem Missbrauchsgutachten für das Erzbistum Köln, das lange Zeit zurückgehalten worden war, viele von der Kirche ab.
Auch für mich sind das Gründe, aus der Kirche auszutreten. Und das waren sie auch schon vor Jahren. Nur dauerte es nochmal drei, bis ich mich aufraffen konnte.
Vor zehn Tagen dann tat ich endlich, was ich mir schon so lange vorgenommen hatte. Ich fuhr zum Amtsgericht Mitte, nahe des Alexanderplatz in Berlin, ging durch die Sicherheitskontrolle, betrat diese ikonische Eingangshalle des Amtsgerichtes, ging zur Infostelle und fünf Minuten später war ich ausgetreten. Einfach so. Ohne Termin. Ohne Warten. Dann beglückwünschte mich die Frau, verlangte 30 Euro und das wars.
Merkwürdig, dachte ich, als ich danach wieder auf der Straße stand. Es hatte mich vielleicht 30 Minuten Lebenszeit gekostet, dieses To do zu erledigen. Und mindestens viermal so viel Lebenszeit hatte ich schon damit verbracht, drüber nachzudenken, wann ich es erledigen würde, mich gefragt, wie es sein werde, gegrübelt, wann ich dafür die Zeit finden würde. In einer Mittagspause? Nach der Arbeit? Vor der Arbeit? Und hatte die Aufgabe so größer gemacht, als sie eigentlich ist.
Nächstes Mal jedenfalls, wenn ich etwas vorhabe, werde ich mich fragen: Wie lange wird das dauern? Und sollte ich jetzt wirklich nochmal zigmal so oft drüber grübeln oder einfach mal machen?
Vermutlich ist die Antwort immer (wenn man sich zumindest sicher ist, indem was man tun will): Einfach machen!
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Martin hat neulich gefragt: Du bist zehn Jahre alt und verfügst über dein gesamtes aktuelles Wissen. Was machst du als Erstes? Alexander hat geantwortet:
Ich würde zu meinen Eltern laufen und ihnen sagen, dass ich sie lieb hab und sie umarmen.
Falks Blick auf die Welt
Geht bald das nächste To-do an (Fensterputzen):
Astrid