Collage: Vier Kinder nebeneinander. Eines ist rot unterlegt.

Ashkan Forouzani, Ben Wicks/Unsplash

Kinder und Bildung

Wenn Erzieher:innen Kinder mobben

Strafstuhl, in die Garderobe schließen, endlos weinen lassen. Das können Eltern tun, wenn ihr Kind betroffen ist.

Profilbild von Nina Roßmann
Freie Reporterin

Der vierjährige Jona sitzt allein in der Garderobe seiner Kita. Er ist wütend und traurig. Denn eigentlich möchte er bei den anderen Kindern sein. Durch die geschlossene Tür des Gruppenraums hört er sie reden und lachen. Aber seine Erzieherin behauptet, er hätte beim Morgenkreis nicht ordentlich mitgemacht. Deshalb muss er nun hier draußen sitzen.

Das passiert Jona nicht einmal, sondern immer wieder. Er wird als Strafe aus der Gruppe ausgeschlossen, darf sich kein Obst oder Wasser holen. Kinder, die Jona trösten wollten, dürfen es nicht. So berichtet es seine Mutter Therese per E-Mail. Etwa drei Jahre ist das nun her. Ebenso wie Jona heißt auch Therese eigentlich anders.

In der Garderobe schreit Jona seinen Frust heraus. Statt ihn in seiner Wut zu begleiten, wird er weiter beschämt. Denn auch andere Eltern beobachten die Situation, wenn sie ihre Kinder in die Kita bringen. Der Junge wird vorgeführt, findet Therese. „Bald glaubten alle, Jona sei eben so schrecklich“, meint sie. Er wird abgestempelt als das Kind, das sich nicht benehmen kann, sie als die Mutter, die ihn nicht erziehen kann.

Therese ist es zu verdanken, dass ich diesen Text schreibe. „Welche Frage sollen wir als Nächstes beantworten?“, wollen wir auf unserer Website wissen. Therese antwortete: „Mobbing/Ausgrenzung durch Kita-Personal“, und ich wurde beim Lesen hellhörig: Den Begriff „Mobbing“ habe ich im Kita-Kontext nicht erwartet. Mobbing gibt es unter Kindern oder auch unter den Erziehenden im Team. Aber ist es auch Mobbing, wenn ein Erzieher immer dasselbe Kind verbal herabsetzt, ausschließt, seine Bedürfnisse missachtet?

Ja, sagt Jörg Maywald mir am Telefon. Maywald ist Honorarprofessor für Kinderrechte und Kinderschutz an der Fachhochschule Potsdam und einer der ersten, die zu diesem Thema geforscht und publiziert haben. 2019 erschien sein Buch „Gewalt durch pädagogische Fachkräfte verhindern“. Aufgewachsen ist er in Baden-Württemberg, erzählt er, zu einer Zeit, als Stockschläge in der Schule noch üblich waren.

Die Fachwelt verwende eher die Begriffe „Fehlverhalten“ oder „Gewalt“ erklärt er, trotzdem sei auch die Beschreibung „Mobbing“ angemessen. „Mobbing ist eine Form der psychischen Gewalt, die systematisch stattfindet. Dieses Phänomen kann es auch in Fachkraft-Kind-Beziehungen geben.“

Ich wollte mehr wissen. Wie häufig passiert es, dass Kita-Fachkräfte Kinder mobben? Und was können Eltern dagegen tun? Wie finden sie eine Kita, die Kinderschutz ernst nimmt? Bei meiner Recherche bin ich auf überraschende Antworten gestoßen.

Kinder werden angebrüllt, verspottet oder aus der Gruppe ausgeschlossen

Es gibt noch wenig Studien dazu, wie oft Gewalt durch Kita-Personal vorkommt. Speziell zu Mobbing habe ich gar nichts gefunden. Nur den Hinweis, dass Verletzungen teilweise „seriell die gleichen Kindergartenkinder und Schülerinnen und Schüler“ treffen. Diese Information stammt aus den Ergebnissen des Projektnetzes INTAKT, das Fehlverhalten von Lehrkräften und Kita-Personal untersucht. Von 2015 bis 2017 besuchten Forschende 28 Kitas an insgesamt 56 Tagen und untersuchten, wie sich 128 Fachkräfte gegenüber den Kindern verhielten.

Das Ergebnis: Die meisten Interaktionen zwischen Fachkräften und Kindern, die sie beobachteten, waren positiv. Die Kita-Fachkräfte gingen mit den Kindern in rund 70 Prozent der Fälle „anerkennend“ oder „neutral“ um. Anerkennend meint etwa freundliche Kommentare, Lob und Trost oder wenn Fachkräfte Kinder anregen, kreativ zu sein oder zusammenzuarbeiten. Die Forschenden notierten aber auch viele problematische Fälle: Rund 27 Prozent der Interaktionen werteten sie als verletzend und ambivalent. Und rund sieben Prozent sogar als stark verletzend. Als verletzendes Verhalten gelten: Die Fachkräfte verteilten destruktive Kommentare und Anweisungen, ignorierten bedürftige Kinder, brüllten Kinder an, verweigerten Hilfe, hatten aggressiven Körperkontakt, drohten oder verspotteten Kinder oder grenzten sie aus.

Mehr zum Thema

Eine andere Studie, „BiKA – Beteiligung im Kita-Alltag“ (BIKA), untersuchte nicht speziell Gewalt durch Fachkräfte, sondern wie sehr Kinder im Kita-Alltag mitbestimmen dürfen. Die Studie zeigt: In rund 40 Prozent der Fälle durften nicht alle Kinder selbst entscheiden, wie viel sie essen oder trinken wollen. Das heißt, „mindestens ein Kind wurde entweder mehrfach aufgefordert, gedrängt oder genötigt, seine Mahlzeit aufzuessen bzw. sein Getränk auszutrinken, oder aber es wurde ihm ein weiterer Nachschlag oder ein weiteres Getränk verwehrt.“

Die Ergebnisse der Studien decken sich zu großen Teilen mit den Ergebnissen einer Umfrage, die ich unter Eltern und Fachkräften durchgeführt habe. Ihnen stellte ich die Frage: „Hast du Erfahrung mit Mobbing durch Kita-Personal?“ 28 Personen haben sich beteiligt.

„Wenn ein Kind nicht essen möchte, habe ich schon ganz oft erlebt, dass gesagt wird: ‚Du bleibst jetzt sitzen, bis der Teller leer ist‘, berichtete mir Josi am Telefon. Sie hat früher als Erzieherin gearbeitet, aber mittlerweile den Beruf gewechselt. Gerade kleine Kinder werden immer wieder weinend allein gelassen, sagt mir Adya, die früher eine Kita geleitet und in verschiedenen Kitas als Erzieherin gearbeitet hat. Sie möchte nicht mit ihrem echten Namen genannt werden, weil sie nicht will, dass Rückschlüsse auf ihre ehemaligen Arbeitsstätten gezogen werden. „Kinder dürfen trauern, wenn sie ihre Eltern vermissen. Nur müssen sie dabei einfühlsam begleitet werden. Das abzutun als, das weint sowieso immer, da kann man jetzt sowieso nichts machen, halte ich für problematisch.“

Warum Kita-Fachkräfte Kinder mobben

Jörg Maywald nennt drei Gründe für Mobbing und Gewalt durch Kita-Personal: Erstens kennen sich die Fachkräfte nicht gut genug aus. Das Thema Mobbing kommt in ihren Aus- und Weiterbildungen zu wenig vor.

Zweitens könnten strukturelle Probleme Gewalt ebenfalls begünstigen. Etwa zu wenig Personal. Die ehemalige Kita-Leitung Adya hat ihren Beruf aufgrund der schlechten Personalsituation aufgegeben. Sie sagt: „Die gewaltvollen Situationen, die ich beobachtet habe, geschahen nicht aus der Überzeugung heraus, dass das jetzt die richtige Erziehungsmaßnahme sei, sondern aus blanker Überforderung und der Angst vor Kontrollverlust.“

Der dritte Grund, so Maywald, seien „zugespitzt gesagt charakterliche Mängel einzelner Personen.“ Denn Studien über Gewalt und Fehlverhalten in Kitas zeigten: Auch in den besten Kitas gibt es Fachkräfte, die verletzendes Verhalten zeigen. „Zu sagen, wir haben halt zu wenig Personal“, greift daher zu kurz, so Maywald. Dieses persönliche Fehlverhalten hänge wiederum oft mit eigener Gewalterfahrung zusammen. „Das entschuldigt nichts, aber kann eine Erklärung sein.“

Wer selbst als Kind zum Essen gezwungen wurde oder auf andere Art und Weise Gewalt in der Erziehung erlebt hatte, muss diese Erfahrung erst einmal reflektieren, um sie nicht weiterzugeben. Man muss sich fragen: Wenn ein Kind wütet und schreit – warum triggert mich das so? Vielleicht, weil ich selbst als Kind für wütendes Verhalten bestraft wurde. Kinder erziehen bedeutet, die eigene Erziehung ständig auf den Prüfstand zu stellen. Da sitzen Eltern und pädagogische Fachkräfte im selben Boot.

Auch eine gute Fehlerkultur im Team und eine kompetente Kita-Leitung können Gewalt verhindern, glaubt Maywald. Kita-Leitungen können etwa kollegiale Beratungen einführen, in denen Kolleg:innen einander wertschätzendes, aber ehrliches Feedback geben und einzelne Fälle besprechen können. Oder auch Fördertöpfe ausfindig machen, um Supervisionen und externe Beratungen zu finanzieren.

Was Eltern gegen Mobbing tun können

„Bestrafungen wie ein Kind in die Garderobe zu schicken, sind eine Form von seelischer Gewalt“, sagt Jörg Maywald. Er würde dem Träger der Einrichtung raten, den Fall an die Kita-Aufsicht zu melden. Kita-Aufsichtsbehörden sind Landesbehörden, die sicherstellen müssen, dass das Kindeswohl in Kitas nicht gefährdet ist. Sie beraten und kontrollieren Kitas und müssen gemeldeten Fällen nachgehen.

Die Kita-Aufsichtsbehörden kontrollieren auch, ob die Kitas ein Gewaltschutzkonzept haben. Das ist seit 2021 Pflicht. Das Konzept müsse konkrete Leitplanken benennen, in welchen Fällen Kita-Fachkräfte Probleme unter sich lösen können und wann die Leitung eingeschaltet werden muss, so Maywald. „Es darf nicht eine Frage des persönlichen Mutes sein, ob man als Kollegin Fehlverhalten anspricht oder nicht. In der Medizin gibt es ja schließlich auch klare Leitlinien und wer davon abweicht, muss mit Konsequenzen rechnen. Genau da müssen wir mit der Pädagogik auch hin.“

Neben einem solchen Interventionsplan, also dem konkreten Vorgehen bei Verdachtsfällen, sollte ein Gewaltschutzkonzept unter anderem auch klar definieren, welche Verhaltensregeln im Umgang mit Kindern gelten. Manche Kitas entwickeln hier gemeinsam mit ihren Mitarbeitenden eine Verhaltensampel: Welches Verhalten ist begrüßenswert (grün), welches ist kritisch zu sehen (gelb) und was geht gar nicht (rot)? So soll sichergestellt werden, dass auch wirklich jeder das Konzept verinnerlicht. Gelb ist dann zum Beispiel: Kinder bewusst überfordern oder unterfordern, ironische Sprüche oder Kindern ungefragt an der Windel riechen. Rot wäre etwa: Vertrauen brechen, respektlos gegen die Willensäußerungen von Kindern sein, Kinder anlügen, Kinder oder deren Familie und Eltern beleidigen, Kinder dauerhaft ignorieren, diskriminieren, stigmatisieren, isolieren, einsperren, festbinden, sie vorführen, auslachen, ihnen mit Schadenfreude begegnen.

Franziska Becher leitet eine Kita in Hamburg. Sie sagt: „Es gibt Situationen, in denen man Kinder von der Gruppe trennen muss. Aber man muss sie dabei begleiten. Nie, wirklich nie, darf das Kind dabei allein gelassen werden.“ Dasselbe gelte für Methoden wie den „Strafstuhl“. „Hier wird das Kind öffentlich beschämt und bekommt ein Etikett. Das geht gegen die Würde des Kindes und ist absolut nicht in Ordnung.“

Der erste Schritt, den Eltern gehen können, wenn ihrem Kind so etwas widerfährt, wäre daher, sich das Gewaltschutzkonzept zeigen zu lassen.

Was sie sonst noch tun können, erklärt mir Verena Ohn. Als Trainerin für gewaltfreie Kommunikation berät sie Kitas und Eltern. Auf ihrer Website beschreibt sie, wie sie selbst als Mutter mit ihrem Latein am Ende war. Sie brüllte herum, drohte Strafen an, war irgendwann verzweifelt und dauermüde. Fortbildungen in Gewaltfreier Kommunikation (GfK) halfen ihr weiter. Heute bietet sie diese selbst an und stellt fest: „Bei manchen Fachkräften mangelt es ganz grundlegend an Wissen darüber, wozu Kinder entwicklungspsychologisch in einem bestimmten Alter in der Lage sind.“

Verhindern, dass das Kind zum Sündenbock wird

Verena Ohn sagt: „Das Schlimme an Gewalt in Kitas ist nicht unbedingt, dass da mal ein Übergriff stattfindet, sondern dass die Kinder lernen, dass es normal ist, andere auszuschließen oder als Sündenbock zu sehen.“

„Irgendwann glaubten alle, Jona sei so schrecklich“, schrieb mir seine Mutter Therese.

Auch in den Antworten auf meine Umfragen wird dieser perfide Mechanismus deutlich: „Die anderen Kinder übernehmen die Verhaltensweisen der Erziehenden und mobben das Kind. Es entsteht eine Dynamik daraus, und die anderen Kinder petzen jedes Mal, wenn diesem Kind etwas nicht ganz perfekt gelingt oder so klappt, wie die Erziehenden es sich vorstellen“, schreibt eine Umfrage-Teilnehmerin. Eine andere Umfrage-Teilnehmerin beschreibt, wie eine Erzieherin Bilder ihres Kindes als „Das ist aber nicht schön“ kommentierte und andere Kinder die Kritik fast wortgleich übernahmen. Das Verhalten der Erzieherin griff auch auf die anderen Eltern in der Kita-Gruppe über: Eine Person bezeichnete das gemobbte Kind per Messenger-Nachricht als „bösartig“.

Seine Mutter beschwerte sich bei der Leitung, woraufhin die Erzieherin sich deutlich zurücknahm. Allerdings, so schreibt sie auch: „Das Verhalten der anderen Kinder lässt sich nicht von heute auf morgen ändern.“

Mein Kollege Martin Gommel bringt diese Dynamik in einem Satz auf den Punkt: „Mobbing: Sie sind die Täter, aber sagen, du bist das Problem“.

Irgendwann glauben eben alle, das Kind sei so schrecklich.

So sprichst du das Problem an

Verena Ohn rät im Fall von Mobbing oder seelischer Verletzung, die Fachkraft zuerst direkt anzusprechen, am besten bei einem vorab vereinbarten Gesprächstermin. „Nehmen Sie Ihr Bauchgefühl ernst und reagieren Sie, wenn Ihr Kind sich plötzlich anders verhält“, sagt Ohn. So sieht es auch Jörg Maywald. „Wenn das Kind sich verändert oder etwas berichtet, das Ihnen seltsam vorkommt, oder auf einmal gar nichts mehr erzählt, dann rate ich dazu, das anzusprechen, es ernst zu nehmen und nicht einfach runterzuschlucken aus Furcht, den Kita-Platz zu verlieren, wenn das Verhältnis zu den Fachkräften zu sehr belastet ist. Da hat das Kindeswohl einfach Vorrang.“

Verena Ohn empfiehlt dabei die Methoden der Gewaltfreien Kommunikation. Das bedeutet: In Ich-Botschaften kommunizieren, zum Beispiel: Ich habe den Eindruck, mein Kind ist gerade verschlossener als sonst. Gibt es etwas, das in der Kita vorgefallen ist, von dem Sie denken, dass es dazu beigetragen hat? „Gehen die Fachkräfte dann mit Ihnen in die Tiefe oder wischen Sie ihre Bedenken weg? Fühlen Sie sich gehört und gesehen? Falls nicht, können Sie davon ausgehen, dass sich Ihr Kind höchstwahrscheinlich auch nicht gehört und gesehen fühlt“, so Ohn. Damit solle man die Fachkraft konfrontieren: „Sagen Sie, dass es Ihnen wichtig ist, verstanden und gehört zu werden, dass Sie wollen, dass Ihr Gegenüber sich mit Ihrem Standpunkt auseinandersetzt. Fragen Sie: Sind Sie bereit, mir zu sagen, was Sie von meinem Argument halten? Wenn die Fachkraft auch darauf nicht eingeht, gehen Sie in die nächste Eskalationsstufe und wenden sich an die Leitung.“

Ohn ergänzt: Was viele Eltern gar nicht wissen: Sie schließen ihren Betreuungsvertrag immer mit dem Träger und nicht mit der Leitung. Das heißt, der Vertragspartner ist nicht die Leiterin oder der Leiter, sondern immer der Träger. Reagiert die Leitung nicht, könne man sich auch an den Träger wenden. Die nächste Ebene sind dann die Kita-Aufsicht oder das Jugendamt.

Wovon Verena Ohn allerdings abrät: Eltern sollten nicht direkt zur Polizei gehen.

Freies Spiel statt musikalischer Früherziehung

Wie aber eine Kita finden, in der ein Kind diese Erfahrungen nicht machen muss? Verena Ohn rät, sich schon bei der Auswahl der Kita das Gewaltschutzkonzept zeigen zu lassen und bei Punkten nachzufragen, die man besonders relevant findet. Eltern können auch fragen, ob sie einmal in der Kita hospitieren können. Natürlich werden die Kita-Fachkräfte sich etwas anders verhalten, wenn eine fremde Person mit im Raum ist. Allerdings war das auch bei den INTAKT- und BIKA-Studien der Fall. Die Forscher:innen fanden trotzdem einiges heraus.

Ein weiterer Tipp: mit den Auszubildenden sprechen. Sie sind noch nicht so lange Teil des Systems und sind oft diejenigen, die Missstände ansprechen. Verena Ohn rät: Nicht direkt nach Gewalt fragen, sondern nach konkreten Situationen zum Beispiel: „Was tun Sie, wenn ein Kind sich nicht wickeln lässt, nicht essen, seine Jacke nicht anziehen möchte?“

Ohn hat noch einen weiteren, überraschenden Tipp. Man solle fragen, wie viel freies Spiel möglich ist. Denn wenn Kitas besonders viel anbieten, von gemeinsamem Basteln hin zu musikalischer Früherziehung oder Fremdsprachen, erzeugt das extra Druck, wenn zu wenig Personal da ist. 20 Kinder, die gerade glücklich im Sandkasten spielen, zurück in den Gruppenraum zu bringen, um das schon beim Morgenkreis besprochene Thema „Frühling“ durchzubasteln, ist nicht einfach. Zumal, wenn die Kinder gerade dabei sind, die Sandburg ihres Lebens zu bauen. Wie alle Eltern wissen: Unter Stress fällt die achtsame Kommunikation besonders schwer. Und im Zweifelsfall fehlt die Zeit, sich um ein einzelnes, weinendes Kind zu kümmern, wenn die Fachkraft gerade eine Gruppe anleiten muss.

Wenn eine Kita besonders viele Angebote hat, bedeutet das nicht zwangsläufig, dass sie besonders gut ist. Vielmehr sollten Eltern im Gespräch oder bei Hospitationen herausfinden, wie einfühlsam Kinder begleitet werden.

Für die Qualität einer Kita spricht aber, ob und wie viel Kinder im Kita-Alltag mitbestimmen dürfen. „Partizipation ist ein Schutzfaktor“, sagt Jörg Maywald. Wenn Fachkräfte Kinder ernst nehmen und darauf achten, wie sie kommunizieren, auch nicht-verbal, dann zeigen sie eine positive Grundhaltung Kindern gegenüber an. Auch das kann gewaltvollen Handlungen entgegenwirken.

Einen verpflichtenden Morgenkreis, wie ihn der vierjährige Jona mitmachen musste, sieht er kritisch. „Das ist ein Recht, keine Pflicht. Es wird immer Kinder geben, die sich nicht beteiligen möchten und für die eine Alternative zum Morgenkreis gefunden werden sollte.“

Jona ist mittlerweile in Therapie, um an seinem Selbstvertrauen zu arbeiten, schreibt seine Mutter. Durch die viele Ablehnung, die er erfahren hat, verhalte er sich häufig provokant. Sie fühlt sich immer noch schuldig, ist wütend und traurig darüber, dass ihr Kind keine normale Kindheit haben kann. „Wir kämpfen immer noch“, schreibt sie.


Vielen Dank für eure Hinweise in meiner Umfrage: Therese, Adya, Josi, Elke, Julia, Karoline, Nicole, Bea, Anke, Ina, Michaela, Kim und Johanna.

Redaktion: Astrid Probst, Schlussredaktion: Susan Mücke, Bildredaktion: Philipp Sipos; Audioversion: Iris Hochberger

Wenn Erzieher:innen Kinder mobben

0:00 0:00

Einfach unterwegs hören mit der KR-Audio-App