„Ich bin eine, die die ganzen lustigen Internetvideos schon kennt“
Leben und Lieben

„Ich bin eine, die die ganzen lustigen Internetvideos schon kennt“

Anja Goerz moderiert Radiosendungen für den RBB und das Nordwestradio - und sie schreibt Bücher. In unserer Rubrik Medienmenü verrät sie ihre Lieblingsquellen für die richtige Dosis an Information.

Profilbild von Aufgezeichnet von Christoph Koch

Als allererstes informiere ich mich darüber, ob noch genügend Kaffee im Haus ist. Sonst geht gar nichts. Mit Kaffee dann – im Bett – ein erster Blick auf meine Mails, die abonnierten Newsletter, Twitter und Facebook. Ich lese den „Tagesspiegel Checkpoint“ von Lorenz Maroldt und die Tweets verschiedener Tageszeitungen, national und international. Alles im Schnelldurchlauf, das darf nicht länger dauern als einen Kaffee. Und das auch nur in den Wochen, in denen ich den „Vormittag“ bei radioeins moderiere.

Von den vielen E-Mail-Newslettern, die Deutschlands Chefredakteure derzeit so gerne verschicken, ist Lorenz Maroldts „Tagesspiegel Checkpoint“ der beste. So urteilte zumindest die Jury des Grimme-Online-Awards, die den Newsletter in der Kategorie "Information“ auszeichnete.
Aus der Begründung: "Wenn ein passionierter Zeitungsmann (Lorenz Maroldt) für den Einsatz einer 90er-Jahre Technologie (Newsletter) im Jahr 2015 den Grimme Online Award erhält, dann muss es ein besonderes Projekt sein. (...) Knallharte Einordnung trifft Berliner Schnauze. Die großen Nachrichten treffen auf das Lebensgefühl der Berliner. Es geht nicht nur um eine neue Auswahl und Aufbereitung klassischer Nachrichten, sondern auch um Hinweise zum aktuellen Kultur- und Freizeitalltag in Berlin: Ausstellungen, Restaurants, Konzerte, neue Orte. (...) Die Besonderheiten des Projekts liegen in der Passion und Ansprechhaltung des Absenders, Einordnung der Themen und Begleitung der Leser. In der digitalen Nachrichtenflut wird der Newsletter für die Leser zum verlässlichen Ankerpunkt und ist Begleiter in den neuen Tag.“

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In den anderen Wochen, in denen ich um kurz nach 4 Uhr aufstehen muss, weil ich den „Guten Morgen“ im Nordwestradio moderiere, beginnt die Lektüre vor Sendungsbeginn am Computer in der Redaktion: Nachrichtenagenturen sowie ein kurzer Blick auf Twitter und Facebook. Ausführlich lese ich auch dann Hintergrundgeschichten und Meldungen zu den Themen, die mich in der Sendung von 6 bis 10 Uhr beschäftigen. Alles online. Oft dabei: Spiegel Online, Zeit Online, New York Times, Tagesschau. Das begleitet mich genauso durch den Tag. Immer wieder mal Twitter oder Facebook, immer wieder mal einen empfohlenen Artikel lesen, auch mal einen Blog wie „Ich.Heute.10vor8“ auf Faz.net.

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Außerdem bin ich eine von denen, die die ganzen lustigen Videos schon kennt. Tanzende Mädchen im Ballettkleid, das neueste Ding von Jan Böhmermann und aus der Heute-Show. Wenn Kevin Spacey mit Billy Joel „Piano Man“ singt – habe ich alles gesehen. Kann ich selten dran vorbei. Und dann die Videos aus „The Tonight Show Starring Jimmy Fallon“ . Der Mann ist für mich der Inbegriff eines Show-Moderators.

Jimmy Fallon ist ein amerikanischer Late-Night-Show-Moderator, der im Februar 2014 die „Tonight Show“ von Talk-Legende Jay Leno übernahm. Besonders beliebt ist Fallon für seine Musikparodien. Hier kann man sehen, wie Jimmy Fallon als Neil Young die Titelmelodie der Fernsehserie „Prince von Bel-Air“ intoniert.

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Auch immer wieder großartig: mit Foodblogs Zeit zu verschwenden. Nicht verpassen: „Herr Grün kocht“ (vegetarisch und vegan) und „Kochtrotz“ (spezialisiert auf Nahrungsmittelunverträglichkeiten). Die beiden sind meine aktuellen Favoriten.

Ich habe keine täglichen Zeitungsabonnements. Von der Süddeutschen Zeitung habe ich die Wochenendausgabe abonniert, dafür ist auch nur am Wochenende Zeit. Außerdem habe ich die „Federwelt“ abonniert, eine Zeitschrift für Autorinnen und Autoren. Die lese ich meistens in der Bahn.

Wenn ich auf dem Weg von und nach Bremen bin, habe ich auch immer meinen eReader dabei. Früher habe ich gedacht, ich würde nie auf gedruckte Bücher verzichten können. Inzwischen genieße ich es sehr, jederzeit und überall den nächsten Krimi herunterzuladen und gleich lesen zu können. Die KrimiZEITBestenliste zum Beispiel verführt mich immer zu neuen digitalen Käufen und die Tipps von Zoë Beck (deren aktuellen Krimi „Schwarzblende“ man auch unbedingt lesen sollte!). Für Vieles fehlt aber auch oft die Zeit zwischen Radio und Radio und selber schreiben.

Für meine Radiosendungen muss und darf ich darüber hinaus auch Bücher von Autoren lesen, die als Gast eingeladen werden. Auch da habe ich schon viel Tolles entdeckt, auf das ich sonst vielleicht nie aufmerksam geworden wäre. Bei Nordwestradio gibt es immer Donnerstags im Frühprogramm die Rubrik „Wort und Totschlag“, für diese Reihe rezensiere ich neue Krimis. Ich empfehle unbedingt „Die Suche nach Tony Veitch" von William McIlvanney. Unglaubliche Sätze, die man sich am liebsten an die Wand hängen möchte. Und „Girl On the Train“ von Paula Hawkins - wahnsinnig eindrucksvolles Debüt, gerade erschienen.

In Sachen Apps bin ich dafür echt ganz hinten dran. Ich hab eine für Twitter und Facebook, LinkedIn und das Wetter. Dann eine fürs Laufen und die wichtigste: DB Navigator. Mit Meerkat muss ich mich noch besser anfreunden.

Meerkat“ ist eine Smartphone-App (iOS und Android), mit der man einen Videolivestream an seine Twitter-Follower senden kann. Die App wurde Anfang 2015 veröffentlicht und erfuhr durch die Tech-Konferenz „South By Southwest“ im texanischen Austin einen großen Popularitätsschub – zumindest in einer extrem technikaffinen Zielgruppe. Twitter reagierte, indem es der App den Zugang zum sogenannten Social Graph abschnitt und verkündete gleichzeitig den Kauf der App „Periscope“ die die nahezu identische Funktionalität wie Meerkat besitzt.
Während ein Teil der Beobachter sagt, das individualisierte und vereinfachte Livestreaming über jedes beliebige Smartphone wäre die nächste große Medien-, wenn nicht gar Weltrevolution, sind andere skeptischer: Der Rummel um Apps wie Meerkat und Periscope sei nur ein weiterer Beweis für die Realitätsferne der Tech-Presse, die aus lauter Angst, das nächste große Ding zu verschlafen, völlig übersehe, dass die Zahl der realen Meerkat- und Periscope-Nutzer verschwindend gering sei.

Die eine Fernsehsendung, die ich selten verpasse, ist die Tagesschau. Wenn ich keine Frühsendung habe außerdem noch die Tagesthemen – und natürlich Thadeusz und die Beobachter im RBB Fernsehen. Meines Erachtens das Außergewöhnlichste und Beste, was das deutsche Fernsehen in Sachen „Polittalk“ zu bieten hat. Wirklich wahr. Am besten selbst davon überzeugen!

Fernsehen findet bei mir sonst inzwischen eher auf dem Computer beziehungsweise in der Mediathek statt. Ich bin Binge-Watcher geworden, Serien-im-Akkord-Guckerin. Bei Netflix „House of Cards“ „Orange is the new Black“ und „Bloodline“. In der ZDF-Mediathek meine aktuelle Neuentdeckung „Eichwald, MdB“ – leider gibt es nur vier Folgen. Aber wenn ihr das jetzt alle guckt, drehen die vielleicht noch was.

Hier kann man ein Interview mit Anja Goerz über ihr Buch „Der Osten ist ein Gefühl“ sehen:

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In der von Christoph Koch betreuten Rubrik „Medienmenü“ stellen alle zwei Wochen interessante Persönlichkeiten die Medien vor, die ihr Leben prägen. Krautreporter-Unterstützer können in der Kommentarspalte rechts oder per Mail an christoph@krautreporter.de vorschlagen, wen sie gerne in dieser Rubrik porträtiert sehen würden.

Illustration: Veronika Neubauer, Foto: Jenny Sieboldt

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